Er war der erste Metrosexuelle 11FREUNDE

Das Interview erschien erstmals im 11FREUNDE Spezial Das waren die Nuller im Jahr 2011. Die Spezial-Ausgaben findet ihr bei uns im Shop. Christian Zbert, Stefan und Kai, die beiden Helden Ihres Films Lammbock gespielt von Moritz Bleibtreu und Lukas Gregorowicz sind in den Fuballer Mehmet Scholl verliebt. Mehmet wre der einzige Mann, dem

Das Inter­view erschien erst­mals im 11FREUNDE Spe­zial Das waren die Nuller“ im Jahr 2011. Die Spe­zial-Aus­gaben findet ihr bei uns im Shop.

Chris­tian Zübert, Stefan und Kai, die beiden Helden Ihres Films Lamm­bock“ – gespielt von Moritz Bleib­treu und Lukas Gre­go­ro­wicz – sind in den Fuß­baller Mehmet Scholl ver­liebt. Mehmet wäre der ein­zige Mann, dem ich einen blasen würde!“, heißt es sogar. Woher diese ero­ti­sche Anzie­hungs­kraft?
Es ist ja nur ein Spiel großer Jungs, weder Kai noch Stefan möchten wirk­lich mit Scholl schlafen. Doch selbst dieses Spiel ist nur denkbar mit ihm – und nicht mit Stefan Effen­berg oder Oliver Kahn, den anderen großen Bayern-Spie­lern jener Zeit. In seiner Art, sich zu geben und zu kleiden, war Mehmet Scholl, wenn man so will, der erste metro­se­xu­elle Bun­des­li­ga­profi.

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Der Beckham der Bun­des­liga?
Beckham war ein Trend­setter, der in einem harten Geschäft seine weiche, femi­nine Seite gezeigt hat. Dar­über rümpfen viele die Nase, aber sehen Sie sich heut­zu­tage mal in einer deut­schen Fuß­gän­ger­zone um – wie viele Fei­er­abend-Beck­hams da vorbei kommen!

Auf Ste­fans und Kais Klo hängt sogar ein Akt-Bild von Mehmet Scholl, wie vor 50 Jahren Rita Hay­worth oder Marylin Monroe in den Sol­da­ten­spinden. Sind die metro­se­xu­ellen Fuß­baller die neuen Pin-Ups?
Bei Beckham und Scholl waren diese Insze­nie­rungen noch recht naiv. Was wir heute von Cris­tiano Ronaldo geboten bekommen, auf den Pos­tern in Aber­mil­lionen Mäd­chen­zim­mern und sogar auf dem Platz, wenn er sich in den Schritt fasst, das grenzt in der Tat an Soft­por­no­grafie.

Für Spieler frü­herer Gene­ra­tionen wäre wohl nichts schlimmer gewesen, als sich mit lüs­ternem Blick ablichten zu lassen.
Wie gesagt: Es hätte dem Image des Fuß­bal­lers als harter Mann wider­spro­chen. Aller­dings hat sich Franz Becken­bauer schon in den Sieb­zi­gern recht feminin prä­sen­tiert. Da gibt es sagen­hafte Auf­nahmen von ihm im Pelz­mantel und mit Pla­teau-Schuhen. Das war wohl seine New-York-Phase, Studio 54 – da ging man­ches. Er soll sogar mal den Bal­lett­tänzer Rudolf Nurejew getroffen haben. Der legte ihm die Hand aufs Knie, doch Franz sagte nur: Rudi, lass‘ gut sein. Ich bin von einer anderen Fakultät.“

Uli Hoeneß ist weniger frei­geistig als Becken­bauer. Hat er sich zu den Scholl-Szenen in Lamm­bock“ geäu­ßert?
Nein, wir haben nur Mehmet selbst um Erlaubnis gefragt, dass wir ihn in diesem heiklen Zusam­men­hang erwähnen dürfen, und der hat das dann auch locker durch­ge­winkt. Dass von den Ver­eins­oberen hin­terher nicht mal eine Rüge kam, hat mich aller­dings schon gewun­dert. Ja, ich war fast ein biss­chen ent­täuscht.

Stefan und Kai schlüpfen auf der Play­sta­tion sogar in Scholls Rolle, sie sind Scholl.
Auf dem C64 oder dem Amiga waren die Ava­tare noch kaum zu iden­ti­fi­zie­rende Pixel­haufen. Aber durch die neue Tech­no­logie wurden Stars plötz­lich rea­lis­tisch und somit hab­haft, man konnte sie sich aneignen. Das hat die Fan­kultur aus meiner Sicht ein Stück­weit belebt. Fuß­ball war nun kein Fron­tal­un­ter­richt mehr, man konnte mit­ma­chen, ent­schei­dende Spiele selbst bestreiten, Scholl sein, Beckham sein. Und wenn man unbe­dingt wollte, auch Effe oder der Titan.

Haben die Simu­la­tionen auch die Stars selbst ver­än­dert?
Ich habe oft dar­über nach­ge­dacht, wie es für sie sein muss, sich auf der Kon­sole selbst zu spielen. Das ist eine Form von Nar­zissmus, so ähn­lich wie Google-Onanie. Cris­tiano Ronaldo bewegt sich in der Tat so, als hätte er es auf der Play­sta­tion vorab bis ins kleinste Detail cho­reo­gra­fiert. Affek­tierter geht es kaum! Doch nicht nur die Simu­la­tionen haben die Rolle der Fuß­baller ver­än­dert, auch You­tube, Face­book und die totale Bericht­erstat­tung im Fern­sehen. In den Acht­zi­gern gabe es alle Jubel­jahre mal einen Star­schnitt von Litti in der Bravo“, heute haben die Fuß­baller den selben Rang wie Rock­stars inne. Sie sind omni­prä­sent und beinah glä­sern. Ob das für den Ein­zelnen wün­schens­wert ist, steht aller­dings auf einem anderen Blatt.

Eine Szene aus einem Play­sta­tion-Match – Scholl sieht nach einer Grät­sche Rot – wird in Lamm­bock“ sogar zur Meta­pher aufs Leben umge­dichtet. Ver­schwimmen hier die Grenzen zwi­schen vir­tu­ellem und realem Sein?
Heute sehe ich diese Szene anders als damals. Der Film ent­stand vor dem 11. Sep­tember 2001 und dem Aus­bruch des Ter­ro­rismus. Er war ein Echo auf die unbe­schwerten Neun­ziger Jahre, und die Scholl-Meta­pher war eine bloße Spin­nerei zweier Jungs, die bekifft Play­sta­tion spielen und sich nicht viele Sorgen machen müssen. Von heute aus gesehen, könnte man schon sagen, dass der vir­tu­elle Raum ein Flucht­punkt ist. Man zieht sich dorthin vor den Pro­blemen der Welt zurück.

Können Sie sich vor­stellen, dass die Simu­la­tionen den echten Fuß­ball eines Tages ver­drängen?
Es gibt Simu­la­tionen, die so per­fekt sind, dass die Spieler tat­säch­lich in ihnen leben und sogar Geld ver­dienen. In Süd­korea etwa gibt es Bal­ler­spiel-Profis, die Hun­dert­tau­sende im Jahr ver­dienen. Beim Fuß­ball aller­dings hätte ich meine Zweifel. Real Fuß­ball zu spielen ist unend­lich viel schwerer als auf der Kon­sole vor sich hin zu dad­deln. Des­halb wir dieser Sport immer seinen eigenen Zauber behalten.

Jahr­zehnte nach Lamm­bock“ sind die Ava­tare kaum noch von den realen Vor­bil­dern zu unter­scheiden. Würden Sie heute Mehmet Scholl direkt ins Geschehen mon­tieren?
Damit Kai und Stefan mit ihm kör­per­lich werden können? Nein. Diese Liebe muss vir­tuell bleiben. Cybersex, sozu­sagen.

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