Meilenstein statt Streik 11FREUNDE

Kurz vor knapp konnte doch noch Vollzug aus den Verhandlungsrumen gemeldet werden. Die Spielerinnen der amerikanischen Frauen-Fuballliga hatten sich schon darauf vorbereitet, am 1. Februar nicht zur Saisonvorbereitung zu erscheinen und einen ligaweiten Streik auszurufen, sollten die Verhandlungen um den Tarifvertrag nicht abgeschlossen werden. Nun wurden die ersten Details rund um den Vertrag verffentlicht

Kurz vor knapp konnte doch noch Vollzug aus den Ver­hand­lungs­räumen gemeldet werden. Die Spie­le­rinnen der ame­ri­ka­ni­schen Frauen-Fuß­ball­liga hatten sich schon darauf vor­be­reitet, am 1. Februar nicht zur Sai­son­vor­be­rei­tung zu erscheinen und einen liga­weiten Streik aus­zu­rufen, sollten die Ver­hand­lungen um den Tarif­ver­trag nicht abge­schlossen werden. Nun wurden die ersten Details rund um den Ver­trag ver­öf­fent­licht – und alle Par­teien scheinen irgendwie zufrieden zu sein.

Durch den Abschluss des ersten Tarif­ver­trags für die ame­ri­ka­ni­schen Pro­fi­fuß­bal­le­rinnen sichern sich die Spie­le­rinnen unter anderem eine deut­liche Min­dest­lohn­er­hö­hung, Kran­ken­ver­si­che­rung, Zuschüsse bei der Unter­brin­gung sowie Betei­li­gung an den Gewinnen der Liga. Wei­terhin sind Ver­eine von nun an ver­pflichtet, ein Min­destmaß an medi­zi­ni­scher Ver­sor­gung bereit­zu­stellen. Dazu erhalten die Spie­le­rinnen neben einem acht­wö­chigem Schwan­ger­schafts­ur­laub auch eine bezahlte Frei­stel­lung bei psy­chi­scher Belas­tung.

Eine Fuß­bal­lerin soll von ihrer Arbeit leben können

Das alles ist das Ergebnis eines lang­wie­rigen Pro­zesses. Die Ver­hand­lungen zwi­schen der NWSL Players Asso­cia­tion und den Ver­ant­wort­li­chen der Liga dau­erten seit März des ver­gangen Jahres an. Ins­ge­samt 30 Spie­le­rinnen nahmen an den Ver­hand­lungen teil. Im selben Jahr star­tete die Kam­pagne #NoMo­re­Si­de­Hustles (zu deutsch: Keine Neben­be­schäf­ti­gung mehr), im Zuge die Spie­le­rinnen von den Bedin­gungen, unter denen sie arbeiten, berich­teten. Auf Grund des bis­he­rigen Min­dest­lohns von 22.000 Dollar waren etliche Pro­fi­fuß­bal­le­rinnen gezwungen, einen oder sogar meh­rere Neben­jobs aus­zu­üben, um sich die Kar­riere als Pro­fi­fuß­bal­lerin zu finan­zieren. Rund 75 Pro­zent der Spie­le­rinnen ver­dienen unter 31.000 Dollar im Jahr. Der beschei­dene Anspruch der Kam­pagne war es, eine Kar­riere als Fuß­ball­spie­lerin finan­zierbar zu machen.

Die NWSL bezeichnet sich stets als beste Frauen-Fuß­ball­liga der Welt. Im Ver­gleich zu den euro­päi­schen Top­ligen sind die Rah­men­be­din­gungen des Spiel­be­triebs aber eher zweit­klassig. In der Saison 2017/18 bei­spiels­weise lag der durch­schnitt­liche Lohn in der NWSL bei ca. 27.000 Dollar, wäh­rend die Spie­le­rinnen in Frank­reich und Deutsch­land umge­rechnet zwi­schen 40.000 und 50.000 Dollar jähr­lich ver­dienten. Auch über die Spiel­stätten wird sich berech­tig­ter­weise beklagt: Viele Spiele werden auf pro­vi­so­risch her­ge­rich­teten Base­ball­fel­dern aus­ge­tragen, wo die Maße kaum noch denen eines Fuß­ball­felds ent­spre­chen.

Gut für die Gegen­wart, gut für die Zukunft

All das soll jetzt mit dem Tarif­ver­trag geän­dert werden. Liga­spiele sollen von nun an nicht mehr auf Plätzen statt­finden dürfen, die erheb­liche Ver­än­de­rungen erfor­dern, um zu einem Fuß­ball­feld her­ge­richtet zu werden. Außerdem steigt der Min­dest­lohn ab sofort auf 35.000 Dollar und mit Ein­be­rech­nung aller Zuschüsse kommen die Pro­fi­spie­le­rinnen auf min­desten 53.000 Dollar im Jahr. Zwar ist das gerade im Ver­gleich zu den männ­li­chen Kol­legen in der Major League Soccer, wo allein der Min­dest­lohn bei ca. 81.000 Dollar liegt und ein­zelne Spieler bis zu sechs Mil­lionen ver­dienen, immer noch wenig, aber die neuen Leis­tungen sind ein großer Schritt nach vorne und werden von den Spie­le­rinnen ver­ständ­li­cher­weise als Erfolg gefeiert. Die Mit­tel­feld­spie­lerin von Washington Spirit und Prä­si­dentin der Players Asso­cia­tion Toni Huster bekräf­tigt in einer Pres­se­mit­tei­lung, dass seit der Grün­dung der Gewerk­schaft die Inter­essen der Spie­le­rinnen an erster Stelle gestanden hätten und man mit dem Coll­ec­tive Bar­gai­ning Agree­ment nun eine deut­lich bes­sere Aus­gangs­po­si­tion habe.

Umfang­reiche medi­zi­ni­sche Ver­sor­gung, inklu­sive psy­chi­scher Betreuung, wurde eben­falls zuge­si­chert. Die Stür­merin von OL Reign, Bethany Balcer, schreibt dazu auf Twitter: Der Knack­punkt für mich ist die sechs­mo­na­tige bezahlte Frei­stel­lung für psy­chi­sche Gesund­heit, weil das bedeutet, dass Spie­le­rinnen mit Angst­stö­rungen oder Depres­sionen nicht gezwungen sind, jeden Tag zu erscheinen“. Hinzu kommen Leis­tungen wie eine jähr­liche Ent­loh­nung für die Bild­rechte, Abfin­dungen für ent­las­sene Spie­le­rinnen und grö­ßere Ver­trags­frei­heit. Ab einer Min­dest­zeit von sechs Jahren in der Liga können die Profis ab 2023 wäh­rend eines lau­fenden Ver­trags mit anderen Ver­einen ver­han­deln. Ab 2024 erhalten die Spie­le­rinnen außerdem zehn Pro­zent der Ein­künfte der Über­tra­gungs­rechte, sofern die Liga inge­samt pro­fi­tabel ist. Der Ver­trag sichert somit einer­seits sofor­tige Ver­bes­se­rungen der Arbeits­be­din­gungen und bildet ande­rer­seits eine Grund­lage, auf der bei zukünf­tigen Ver­hand­lungen auf­ge­baut werden kann.

Ein erster Schritt

Die NWSL kämpft seit Jahren damit, dass ame­ri­ka­ni­sche Top-Stars die Liga in Rich­tung Europa ver­lassen. Nachdem die Ver­ei­nigten Staaten lange als Vor­zei­ge­land des Frau­en­fuß­balls galten, holten die euro­päi­schen Ligen auf und werben nun die Spie­le­rinnen ab. In Frank­reich, Deutsch­land oder Eng­land sind die sport­li­chen, aber eben vor allem finan­zi­ellen Bedin­gungen mitt­ler­weile wesent­lich attrak­tiver. Ob der Tarif­ver­trag diese Ent­wick­lung auf­halten kann ist frag­lich, ein erster Schritt hin zu einer für alle Betei­ligten inter­es­san­teren Liga ist aber getan.

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